Schwule und das Internet

Nettiquette oder wie gehst Du mit anderen um?

Es ist schon ein Kreuz mit den Schwulen. Kaum gibt es eine neue Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu kommen, stürzen sich die Schwestern mit Inbrunst drauf. Ist auch klasse, das macht einen wichtigen Teil unserer Kultur aus, und die Heten profitieren immer von der Innovationslust der Gays. Dabei stört Dilletantismus auch nur marginal, schließlich heißt es ja "Dumm fickt gut", und man kann von geilen Kerlen nicht auch noch erwarten, daß sie sich mit den Abgründen der Internet-Kommunikation auseinandersetzen.

Dennoch denke ich, daß einige Benimmregeln eingehalten werden sollten, und zwar von allen. Klar, es gibt Typen dazwischen, die sich an der Tastatur nur einen runterholen wollen. Kann auch geil sein. Und Bilder austauschen ist ein gutes Hilfsmittel dabei. Auch "Blind Dates" haben viel von ihrem Schrecken verloren, seit man vor dem Treffen, sogar noch während der Unterhaltung, ein Bild des Gegenüber bekommen kann. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß der andere kein Bild von sich hat, oder daß er ein fremdes Bild schickt. Vielleicht sieht er dann wirklich auch schlimm aus.

Von Leuten, die sich mit fremden Bildern schmücken ist auch nicht zu erwarten, daß sie zu vereinbarten Treffen kommen, oder auch nur anrufen. Ganz ehrlich, ich möchte auch nicht weiter mit so jemandem zu tun haben. Es bleibt das Recht jedes einzelnen, zu lügen, so lange ein anderer dadurch nicht mehr als zumutbar beeinträchtigt wird. Die Leute, die sich nach Austausch der Telefonnummern auch wirklich melden, sind es auch wert, sich mit ihnen zu treffen. Und wenn per Chat ein Termin vereinbart wird, sollte er so eindeutig sein, daß man sich auch treffen kann. Selbst nach Austausch der Bilder erkennt man sich nicht immer in einem Café. Und hingehen sollte man natürlich, denn sonst bist DU derjenige, der den schlechten Ruf vom Chatten rechtfertigt.

Nur ist damit zu rechnen, daß der Andere, aus welchen Gründen auch immer, nicht anruft oder nicht kommen kann. Das ist bestimmt ein Minuspunkt, aber noch kein Todesurteil. Ich selber habe gute Erfahrungen gemacht, wenn ich anderen einen Fehltritt verzeihe. Erstens rege ich mich nicht so auf (gut für den Blutdruck), wenn es nicht sofort klappt, außerdem sind nette Leute u.U. etwas konfus, und es lohnt sich, hartnäckig zu bleiben.

Zu meinem Freundeskreis gehören Menschen, die mich nur höchst selten anrufen, fast immer geht es auf meine Rechnung. Umgekehrt habe ich auch Freunde (Hallo Stella, Carsten), die mich oft anrufen, jedesmal freue ich mich auch darüber, aber ich schaffe es nicht, selber dort anzurufen. Ganz ausgeglichen ist das sowieso nie, und was ist das für eine Freundschaft, bei der man dauernd mitzählt, wer zuletzt angerufen hat (hat einer von beiden einen Fehler beim Mitzählen gemacht?).

Ich selber bin immer bemüht, Termine und Versprechen einzuhalten, aber selbst mir kommt manchmal die Arbeit dazwischen (bin Freiberufler), oder es gibt andere Probleme, so daß ich nicht kommen kann (war aber sehr selten bis jetzt). Sollte also wider Erwarten ein Date mit mir platzen, versuche ich mich zumindest zu melden. Dafür sind Telefonnummern sehr praktisch. Nur haben einige Leute Angst, wenn sie die Nummer preisgeben, es würde ihre Privatsphäre verletzen. Genemigt! Aber bitte nicht sauer sein, wenn ich nicht Bescheid sagen kann.

Umgekehrt hoffe ich auch, daß sich die Typen, die ich im Web kennenlerne, an ähnliche Regeln halten. Ich erlaube ihnen sogar noch etwas mehr, das spart eigene Frustrationen. Und bis jetzt hab ich einige nette und sogar auch geile Leute getroffen. Aber nicht so viele, wie ich in der Szene kennenlerne. Liegt vielleicht auch daran, daß die meisten gut aussehnden Kerle oft weggehen, die anderen trauen sich nicht und haben deswegen mehr Zeit für den Computer (ES GIBT AUCH RICHTIG GEILE KERLE IM NETZ!!!).

Also: Verhaltet Euch so, wie ihr behandelt werden wollt. Und erwartet, daß auch richtige Scheiß-Kerle im Netz rumrennen, die sich 20 Jahre jünger machen (z.B. und sich beim Treffen entschuldigen mit dem Argument "Mit 45 will mich ja sowieso keiner mehr"), fremde Fotos rumschicken, falsche Adressen und Telefonnummern rausgeben, dauernd den Namen wechseln, mit den Maßangaben großzügig sind, sich diverse Hobby andichten oder in sonstigen Bereichen blenden. Gibt es leider. ABER ZUM GLÜCK NUR SELTEN! Und meistens stellt sich das mit einigen Fragen schnell raus. Manchmal aber auch nicht.

Umgekehrt gibt es auch Typen, die sehr viel machen und die unterschiedlichsten Interessengebiete haben. Meine Homepage soll zum Beispiel auch darstellen, daß ich wirklich vieles mache. Nicht alles mit dem nötigen Einsatz, stimmt, aber es ist zumindest mehr, als einige glauben wollen.

Aber für die paar richtig geilen Kerle, die sich zwischen Nieten und Blendern verbergen, kann es fürchterlich abschreckend sein, wenn ihnen dauernd irgendwelche blöden Fragen gestellt werden und ihnen alles Schlechte unterstellt wird. Nette Leute bringen auch interessante Themen beim Chat. Und das ist viel anziehender, als mit abgrundtief mißtrauischen Menschen zu kommunizieren. Ich hab den Verdacht, daß die Leute, die immer Schlechtes annehmen, selber auch nicht so besonders sind. Ich kann darauf also verzichten.

Wer mit sich selber gut klarkommt, hat auch bessere Chancen bei anderen. Und bevor man andere kritisiert, sollte man selber versuchen, besser zu sein. Und Toleranz, deren Fehlen wir den Heten oft vorwerfen, sollten wir zumindest unter uns bewahren. Also keine Pauschalurteile, und wenn Du Interesse an jemandem hast, bricht Dir auch kein Zacken aus der Krone, wenn Du dir etwas Mühe gibst. Es ist zwar immer schön, wenn der Typ endlich anruft, aber der denkt dasselbe und dann kann es nichts werden.

Und jemanden gleich verdammen wollen, nur weil er vergeblich versucht hat, eine falsch notierte Nummer anzurufen, ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Freu Dich statt dessen eher über das eine Mal, das richtig gut klappt, die fünf / zehn / zwanzig Leute, mit denen nichts geklappt hat, kann man dann doch verschmerzen. Und denke daran, daß Du vielleicht abschreckend auf den Anderen gewirkt hast. Es tut zwar etwas weh, zu akzeptieren, daß man selber auch nicht der Traumtyp ist. Wenn aber jemand es deutlich ausdrückt, ist es besser, sich über sich selber auch einmal Gedanken zu machen, und nicht pauschal alle anderen zu verdammen.

Ich hoffe, daß Du nach diesem Text Fehler anderer schneller verzeihst, nicht nachtragend bist, Dir selber mehr Mühe gibst und etwas Aktivität zeigst. Man muß viele Frösche küssen (oder zumindest treffen), bis man einen Prinzen findet, und das muß man selber machen. Aber es lohnt sich. Und mit ein wenig Gelassenheit wirst Du auch Magengeschwüre vermeiden.

P.S.: Seid NETT zueinander - auch auf dem Web!

P.P.S.: Play Safe!