Die Fotosession

Es geschehen schon seltsame Sachen. Ich bin inzwischen davon überzeugt, daß unabhängig voneinander ähnliche Dinge passieren, und zwar häufiger, als es die Statistik erlaubt. Ein Beispiel dafür ist mein Katastrophenjahr, sehr interessant waren aber auch die Begleitumstände dieser Geschichte.


Die Mitarbeiter vom hinnerk (DAS schwule Infomagazin in Hamburg) sind dauernd unterwegs, um für das Heft Bilder von Leuten aus der Szene zu machen, die kommen dann in der Rubrik "Beautiful People" als Collage, ähnliches kennst Du bestimmt auch in anderen Zeitschriften.

Endlich hat es mich auch erwischt, Burkhard hat mich im Dark-Room des Gaylaxy (nette Schwulendisco, leider nur kurze Zeit) abgelichtet, ich hab natürlich mitgespielt und einen genußvollen Ausdruck gemacht. Nur an dem Abend hatte ich überhaupt nichts geiles erlebt, außer dieses Foto. Das Foto erschien dann im August, einige Freunde haben mich natürlich prompt erkannt, es gab viele neugierige Fragen.

Mitte August hat mich dann Sven, ich kenne ihn von der CSD-Vorbereitung, besucht, wir wollten über den CSD und anderes reden, sind noch ein bißchen herumgesurft, und haben natürlich über das Bild gesprochen. Denn Sven arbeitet seit einiger Zeit als Anzeigenabteilung beim hinnerk. Ich erzählte Sven, daß das einzige, was noch fehlte, ein hinnerk-Titelfoto mit mir ist.

Und es war wirklich ein Zufall, Sven hatte niemandem davon erzählt, warum auch, er machte Anzeigen, nicht Redaktion. Am nächsten Nachmittag kam ein Anruf von Burkhard, er fragte mich, ob ich mich für das Titelfoto zum Thema "Uniformen" zur Verfügung stelle. Es gibt zwar nichts dafür, aber sie hatten in der Redaktion gedacht, daß ich exhibitionistisch genug dafür sei. Und wenn ich noch ein oder zwei Freunde kenne, die mit drauf wollen, ist das auch OK.

Ich habe mir erst einmal eine Nacht Bedenkzeit erbeten, und bin abends in die schwule Baustelle gegangen. Ich wollte zwar niemandem von der Anfrage erzählen, aber ich mußte irgendwie unter Leute. Da gab es noch ein sehr interessantes Erlebnis mit Tomasz und unReiner, davon an anderer Stelle mehr.

Ich hatte Donnerstag auch schon drei Freunde angerufen, die ich gerne mit auf dem Foto oder zumindest als Begleiter zum Fototermin haben wollte, sie können ja vor Ort immer noch Ja oder Nein sagen. Leider war jeweils nur der Anrufbeantworter dran. Na ja, dann muß ich halt auf die Antworten warten. Ich hab bei der Entscheidung für die drei Freunde nicht lange überlegt, wollte zunächst auch nicht zu viele fragen, erst einmal die Reaktionen abwarten (es waren auch keine "besten Freunde"!).

Am Freitag hab ich dann dauernd versucht, Burkhard anzurufen, aber er war die ganze Zeit in der Redaktionskonferenz, schließlich war Redaktionsschluß. Irgendwann hab ich ihn dann erwischt, er gab mir auch die Telefonnummer von dem Fotografen, der die Bilder machen sollte, ich also da angerufen, und für den selben Abend einen Termin für die Vorbesprechung vereinbart. Und Christoph (der mit dem Kopf im Nacken) hab ich dafür auch mitgenommen, er hatte am Nachmittag zugesagt.

Der Fotograf Sker hat sich mit uns zusammen gesetzt, um über die Fotosession zu sprechen. Er hat Flecktarnstoff bekommen für den Hintergrund und auch zu den Motiven hatten er und sein Freund Dag schon konkrete Vorstellungen. Es war eine tolle Unterhaltung, denn das Interesse von beiden ging auch schon in eine ähnliche Richtung wie bei mir. Ich habe z.B. auch gesagt, wenn bei den Fotos etwas passieren sollte, was aus rechtlichen Gründen nicht für den Hinnerk geeignet ist, sollte er einfach weiter abdrücken, die Fotos kann man ja zumindest privat gebrauchen. Wir haben uns für den darauffolgenden Montag verabredet.

Währenddessen erzählte ich auch, daß ich meine Schwester am Wochenende besuchen wollte, die einige Monate vorher nach Hildesheim umgezogen ist. Und Christophs Verwandtschaft kommt aus Hildesheim, Sker stammt auch von dort. Soviel zum Thema Zufälle, an anderer Stelle mehr dazu.

Samstag dann zu meiner Schwester um Haus, Garten, Ehemann und Kinder anzusehen, schon ein guter Kontrast zum Vorabend. Noch am Sonntag bin ich dann zurück nach Hamburg, und mußte unbedingt bei Christophe und Sven angerufen, die auch beide zugesagt hatten für die Fotosession. Die beiden sind noch nie bei einer Veranstaltungen eines Uniformclubs gewesen, wollten trotzdem gerne mitmachen, denn beim Ledertreffen eine Woche vorher hatten sie Flecktarnhosen an, die Kleidung war also vorhanden.

Montags sind wir dann zu den Fotografen gefahren, ich hab mich gefreut, daß alle drei, die ich gefragt hatte, sofort bereit gewesen waren, mitzumachen. Auch Sker und Dag waren mit unserem Aussehen einverstanden, haben aber zunächst einige Filme mit Sven und Christophe verschossen. Dann kamen verschiedene Kombinationen mit uns und zum Schluß wir vier zusammen. Dag hat dauernd mit einer Sprühflasche Babyöl über uns verteilt, Sker war ständig am Blitzen, dann wieder einen neuen Film einlegen, dann kamen wieder irgendwelche Anweisungen zu unserer Aufstellung, trotzdem hat das unsere Stimmung nicht gestört.

Zum Schluß wurde noch umgerüstet auf Schwarzweißfilm, die Bilder wurden schärfer. Vielleicht werde ich noch einige davon auf einer Web-Seite präsentieren, es waren tolle Sachen dabei. Sven mußte danach noch arbeiten, geil wie er war, denn es war die ganze Zeit zwar hochgradig erotisch, aber nicht pornographisch. Wir anderen sind auch kurz danach gegangen, zufrieden mit dem, was und wie es abgelaufen war.

Zwei Tage später haben wir uns zur Durchsicht der Bilder wieder bei Sker verabredet, Christoph hat Zutaten zu einem Abendessen mitgebracht (superlecker, er wird in Zukunft das Catering für meine Partys machen müssen). Doch zunächst die paar hundert Dias auf dem Leuchttisch durchsehen, um die guten Bilder herauszusuchen. Dag hatte sich den Haufen schon angeschaut, und einiges vormarkiert, wir haben dann auch noch einige andere gefunden. Aber uns muß das veröffentlichte Bild ja auch gefallen.

Oft stimmt auf einem Foto die Haltung nicht, die Nasen sind beim Knutschen plattgedrückt, die Körperhaltung wirkt künstlich, der Gesichtsausdruck paßt nicht zum Thema (es sollte nicht lustig aussehen), die Aufteilung wirkt nicht, hunderte Punkte die im Endeffekt dazu führten, daß wir ca. ein Dutzend Bilder ausgeguckt haben, die uns für eine Veröffentlichung geeignet erschienen. Dag und Sker haben unseren Blick für Fehler auch geschärft, sie fanden auch bei Bildern, die wir OK fanden, immer noch Kritikpunkte, sind halt Profis. Aber über die guten Fotos waren wir uns dann einig.

Selbstverständlich haben wir uns auch Kontaktabzüge der Schwarzweißfilme angesehen. Obwohl nicht so schön bunt, hatten die Bilder uns genau so interessiert. Und gefallen haben sie uns noch mehr.

Beim Essen kam Dag mit der Idee rüber, die Fotosession noch fortzuführen, es könnte ein Kunstfotoband daraus entstehen, nicht nur wir in verschiedenen Anordnungen, auch Texte sollen dazu, das ganze zwar erotisch, gewalttätig, aber nicht pornographisch. Kommt auch unseren Wünschen entgegen. Man merkte richtig, daß Dag von der Idee selber hingerissen war, obwohl das eigentlich nicht so zu seinem Typ paßt. Auch Sker hatte großes Interesse an der Fortsetzung.

Das ist aber eine eigene Geschichte.

Zu den späteren Fotoaufnahmen kam Henning aus Köln dazu, er stammt auch aus Hildesheim (Zufälle?).

Und wenn ich schon die ganze Zeit hier über Fotos schreibe, hier ist das eingescannte Titelbild vom hinnerk:

Klicken, dann gibts das große Bild.